Wieso wir ein Remote Team sind
In einer typischen Büroumgebung ist es einfach zum Schreibtisch eines Teamkollegen oder Kollegin zu gehen, um eine Frage zu stellen oder sich über ein gemeinsames Thema auszutauschen.
Wenn man jedoch sein Team nicht jeden Tag physisch antrifft, weil man innerhalb eines Remote-Teams arbeitet, welches in verschiedenen Städten auf der Welt verteilt sitzt, stellt sich die Kommunikation einigen Herausforderungen dar. In diesem Beitrag möchte ich mit euch unsere Erfahrung als Remote Team und wie wir uns die letzten Jahre geschlagen haben, teilen.
Wie wir angefangen haben und warum als Remote-Team
Als wir 2009 mit der Idee von required+ gestartet hatten, waren wir sehr von dem Buch “Rework” von 37signals begeistert. Wir alle wussten, dass wir unser Unternehmen so aufbauen wollten, wie wir es schon immer tun wollten. Mit all den guten Erfahrungen, die wir bei unseren früheren Jobs gemacht hatten, haben wir Ideen entwickelt, wie wir die weniger guten Erfahrungen, die wir alle mit ehemaligen Chefs hatten, verbessern wollten. Wir haben begonnen, unsere eigene Firma zu formen.
Remote First
Wir lebten bereits alle in verschiedenen Städten und als unser Mitbegründer Stefan Pasch beschloss nach Deutschland zurückzukehren, um eine Familie mit seiner langjährigen Beziehung zu gründen, wussten wir, dass unsere künftige Firma kein konventionelles Büro an einem ausgewählten Ort haben wird. Unsere Firma sollte virtuell stattfinden. Außerdem hat uns das Pendeln noch nie gefallen! Deshalb haben wir unser Unternehmen auf der Grundlage des virtuellen Teams aufgebaut, was einen grossen Unterschied zu denjenigen Unternehmen darstellt, die es gewohnt sind ihre Mitarbeiter gemeinsam in einem Büro zu haben.
Uns gefiel einfach die Idee des Pendelns nicht, also bauten wir eine ortsunabhängige Mitarbeiterkultur auf.
Personal einstellen
Arbeiten innerhalb eines Remote-Teams bedeutet, dass jedes unserer Teammitglieder sehr selbstdiszipliniert arbeiten muss und für die Strukturierung deren ToDo-Listen selber verantwortlich sind. Wir stellen unter anderem Mitarbeiter aus der Open-Source-Community ein, womit das Einarbeiten in die ortsunabhängige Arbeitsweise um einiges einfacher ist, da die Erfahrung mit anderen auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, bereits gegeben ist.
Virtuelle Teams sind ein fortlaufendes Experiment
Da wir uns physisch nicht sehen, haben wir den bekannten «Small-Talk» der sich im Flur oder an der Kaffeemaschine ergibt nicht natürlich gegeben. Solche zwischenmenschliche Interaktionen sind jedoch in der Tat sehr wichtig für die Teambindung. Ein Remote-Team muss solche Gespräche mit Tools oder sogar geplanten Team-Meetings ausgleichen. Wir haben spezielle Chats wie dedizierte Slack-Kanäle, um dafür Platz zu schaffen. Zum Beispiel:
- #where-is: Ist ein Chat, bei dem das Team seine Geo-Daten teilt, um auszudrücken, wo sie sich gerade befinden und von wo sie arbeiten. Auf diese Weise bekommt man ein Gefühl dafür, an welchem Ort oder in welcher Stimmung (Mittagessen, Meeting usw.) sich die Mitarbeiter in Echtzeit gerade befinden.
- #travels: Da unser Team viel unterwegs ist, um an Konferenzen auf der ganzen Welt teilzunehmen oder eine Präsentation zu halten, haben wir einen Chat eingerichtet, bei dem Teammitglieder ihre Reisen gemeinsam planen oder teilen können.
- #entertainment: Dies ist der Chat, in dem man einfach sehenswerte TV-Sendungen oder lustige Youtube-Videos teilen kann.
Natürlich passiert dies alles auf freiwilliger Basis und kann optional genutzt werden.
Synchron oder asynchrones Arbeiten
Glücklicherweise leben alle unsere Teammitglieder in derselben Zeitzone. Trotzdem arbeitet das Team nicht immer «synchron» beziehungsweise zur selben Zeit. Deshalb leben wir eine offene Kommunikationskultur und halten wichtige Informationen immer zentral zugänglich. Damit wichtige Informationen zu Projekten immer für alle Zugänglich sind, auch wenn die Schlüsselperson bzw. der Projekt-Lead gerade nicht verfügbar, sprich «offline» ist. Wir haben ein gutes System gefunden, um alle Informationen möglichst Zugänglich zu halten. Unsere Werkzeuge dafür sind:
1. Slack (Das virtuelle Büro)
2. HelpScout (Kunden und Produkt-Support)
3. Basecamp (Projekt Management)
4. CRM (Sales and Kundenbindung)
Der ortsunabhängige Geschäftsbetrieb
Vorteile
Ortsunabhängig: Da wir das Unternehmen und die Beziehung zu unseren Kunden von Anfang an so strukturiert haben, dass physische Verfügbarkeit für die Zusammenarbeit keine Rolle spielt, ist es egal, von wo auf der Welt wir gerade arbeiten. So können wir überall auf der Welt gute Mitarbeiter einstellen. Unsere derzeitigen Mitarbeiter sind in der ganzen Schweiz und in Deutschland ansässig und leben in Städten wie Basel, Luzern, Zürich, Köln und Schwerin. Wir wären wahrscheinlich nicht in der Lage, mit unseren großartigen TeamkollegenInnen zu arbeiten, wenn wir beispielsweise nur in Zürich ansässig wären.
Weniger Fixkosten: Wir müssen nicht in Büroräume investieren, weil unser Team nicht jeden Tag zu einem Ort pendeln würde, auch wenn es so schick aussehen würde wie die neuen Google-Büros in Zürich. Deshalb ziehen wir es vor, in Reisen zu tollen Orten zu investieren. Wo sich das Team treffen kann, um an Webkonferenzen zu sprechen oder um einfach nur aus einer anderen Stadt zu arbeiten.
Reisen öffnet unseren Geist für mehr Kreativität. Wir glauben, dass Vertrauen und Freiheit zu mehr Zufriedenheit und letztendlich zu besseren Ergebnissen führen.
Leistung: Wir glauben, dass ein Remote-Team viel effizienter ist als ein Office-Team. Nur schon all die Zeit, die gespart werden kann, indem nicht gependelt werden muss. Es bleibt auf jeden Fall mehr Zeit fürs Leben und die Arbeit.
Nachteile
Weniger Facetime im Team: Es stimmt, wir sehen uns nicht oft. Das kann ein Problem sein. Denn jedes Team braucht persönlichen Kontakt, um sich verbunden zu fühlen. Aber das bedeutet nicht, dass ein Remote-Team das nicht haben kann. Zusätzlich zu unseren wöchentlichen Videoanrufen versuchen wir uns regelmäßig zu treffen, um uns bei unseren Firmenausflügen zu sehen, die wir oft mit Vorträgen und Kollaborationen bei WordCamps in ganz Europa kombinieren.
Alles ist kompliziert weil es anders ist: Vieles ist komplizierter, denn ortsunabhängige Unternehmen sind (gerade in der Schweiz) noch sehr neu in der Geschäftswelt und die Gesetze sowie Steuern sind noch nicht auf solche Strukturen ausgelegt. Auch der Anfang einer neuen Kundenbeziehung erfordert etwas mehr Anstrengung, um Vertrauen zu gewinnen, denn alles Neue auf dieser Welt braucht Zeit. Wir sehen das eher als etwas positives, weil es uns ebenso herausfordert, und uns besser macht.
Wie unsere Kunden damit umgehen
Wir haben Kunden, die wir regelmäßig in physischen Meetings sehen, und wir haben Kunden, die wir fast nie treffen. Anfangs planen wir mit jedem Projekt Zeit für unsere Kunden ein für Briefings, Workshops, etc. durchzuführen. Im weiteren Verlauf des Projekts besteht jedoch immer weniger Bedarf an physische Treffen. Sobald wir uns als zuverlässig erwiesen haben und dadurch genügend Vertrauen geschafft haben, machen wir mit mehr virtuellen Meetings weiter. Wir streben stets danach, eine gute Beziehung zu unseren Kunden aufzubauen, die auf offener Kommunikation und gegenseitigem Vertrauen beruht. Ausserdem müssen wir einfach gut, zuverlässig sein und vor allem schnell reagieren.
Zuverlässigkeit und Reaktionsfähigkeit bringen Vertrauen in die Kundenbeziehung.
Mehr über das Remote Arbeiten
In den folgenden Wochen werden wir weitere Einblicke in unsere Erfahrungen mit dem ortsunabhängigen Arbeitens geben. Zum Beispiel wird Karin darüber erzählen, wie es war von der Spitze eines verschneiten Berges zu arbeiten, Velthy wird über seinen Alltag im Home-Office schreiben und Ulrich, wie er sich in eine Co-Working-Community in Thailand integriert hat und noch vieles mehr.
Wenn du nicht genug von dem Thema bekommen kannst, kannst du zwischenzeitlich Karins Blog-Beiträge auf Medium lesen, wo sie über ihre Erfahrungen schreibt die Welt zu bereisen und gleichzeitig zu arbeiten.